Ein informativer Abend über rechten Lifestyle
(6.11.2025)

Das war Aufklärung im besten Sinne des Wortes! Bastian Drumm zeigte uns rechten Lifestyle in Bild und Ton, wo und wie man ihn oft nicht vermutet hätte, und klärte uns über Hintergründe auf. Bastian Drumm ist Sozialarbeiter und Leiter eines Jugendzentrums in Kusel (Rheinland-Pfalz). Seit vielen Jahren engagiert er sich gegen Rechtsextremismus und Hass, für Demokratie und gegen das Vergessen. Er organisiert Projekte, Workshops und das Festival »Kein Bock auf Nazis« in Kusel. Für seinen unermüdlichen Einsatz erhielt er 2023 den Hans-Frankenthal-Preis der Stiftung Auschwitz Komitee Hamburg.
Mehr über ihn kann man hier erfahren: Bastian Drumm auf Facebook Kontaktstelle Holler für Schulkinder und Jugendliche Artikel auf HateAid: Hass ist krass. Liebe ist krasser! Video von HateAid über Bastian Drumm. SWR-Bericht über Aktionstage gegen Rechtsextremismus in Kusel.
Bei uns sprach Bastian Drumm über Musik, Kleidung, Symbole und Codes der rechten Szene. Beim Thema Musik etwa konnte man lernen, dass rechte Musik sich in fast allen gängigen Musik-Genres tummelt – von Rock, Pop, Techno, Heavy Metal, Rap, Dark Wave, Reggae bis hin zum Stil von Liedermachern. Dabei geht es darum, frühere oder bestehende jugendliche Subkulturen durch die Nachahmung ihrer Musikstile zu kapern und mit rechtsradikalem Gedankenungut abzufüllen. Ihr auf ihren Sweatern oft zu lesender Wahlspruch ist dieser: »Eines Tages werden sie sich wünschen, wir würden nur Musik machen«. Wenn man die brutalen, teils von psychopathischer Grausamkeit handelnden Texte dieser Musik hört, wünscht man nur noch, dieser Tag möge nie kommen. Bei einigen Texten, die Bastian Drumm auf seinen Folien reproduzierte, bat er empfindlichere Zuschauer:innen darum, lieber wegzusehen.

Die Kleidermode der Rechtsextremen verfolgt ähnliche Ziele wie ihre Musik: Alles, was junge Leute gerne tragen, wird von zahlreichen rechten Modelabeln für günstiges Geld in teilweise hoher Qualität angeboten. Sie heißen »Thor Steinar«, »Consdaple«, »Peripetie«, »Drive by Suizhyde«, »Masterrace«, »Ansgar Aryan«, »Mauljucken«, »Erik & Sons« u.v.m., die ihre Produkte mit mehr oder weniger eindeutigen Logos und Parolen versehen. Ihr erklärtes Ziel ist es, über Kleidung, die »im sub- beziehungsweise jugendkulturellen Raum eine identitätsstiftende Funktion hat«, eine rechte »Gegenkultur« zu etablieren, so etwa die Hersteller des Labels »Peripetie« (der Marke mit dem »Sturmvogel«) in einem Interview des rechtsextremen Magazins »Freilich«. Das Label »Consdaple« führt das Kürzel der NSDAP in seinem Namen und schmückt sein Logo mit einem dem Reichadler ähnlichen Symbol. Man trägt es gern mit offener Jacke, so dass nur das verbotene Parteikürzel sichtbar ist.

Fast alle diese Musik- und Modelabel der rechtsextremen Szene sind mit der AfD vernetzt, stehen in teilweise engster Verbindung mit ihr. Ihre Geschäftsführer sind häufig Funktionäre kleinerer rechtsextremer Parteien, die mit der Afd zusammenarbeiten (s. Anmerkung). Die AfD, so Bastian Drumm, ist der parlamentarische Arm der gesamten rechtsextremen Szene. Sie gibt sich nach Möglichkeit bürgerlich-gemäßigt, während ihre Sturmtrupps ihre wahre Gesinnung hinausgrölen. So fing es damals auch an, fällt mir dabei ein, die Nazis schickten in den späten 20er und frühen 30er Jahren auch ihre Gröl- und Schlägertrupps (SA) auf die Straße, während Hitler, Göring, Goebbels und Co. sich parlamentarisch gaben und sich im Hintergrund um die »feinere Gesellschaft« kümmerten, um sie auf ihre Seite zu ziehen und Sponsoren zu gewinnen, darunter Industrielle, Vertreter der Reichswehr und des Adels. Alice Weidel konzentriert sich heute auf millionenschwere Unternehmer wie Theo Müller (Müller-Milch).
Damals – solange man in der »Systemzeit« lebte (wie die Nazis die Weimarer Republik nannten) – verständigte man sich gern über geheime Symbole und Codes. Heute ist das nötiger als damals, weil die meisten Symbole und Zeichen der Alt-Nazis seit 1945 verboten sind. Auch darüber wusste Bastian Drumm viel zu berichten. Besonders beliebt sind Zahlencodes, bei denen die Zahlen für die Stelle stehen, an der ein Buchstabe im Alphabet steht: A=1, H=8, also steht 18 für Adolf Hitler, 88 für »Heil Hitler« usw.

In den Chats bei Whatsapp & Co. werden bestimmte Zeichen aus dem Emoji-Repertoire genutzt, um sich wechselseitig zu erkennen und Zeichen zu geben:

Aber diese Codes werden nicht nur virtuell genutzt. Besonders beliebt ist dabei das Exzellent-Zeichen für »White Power« oder »White Supremacy«, wie dieses bestürzende Foto zeigt:

Auch der übrige Sprach- und Zeichengebrauch der neuen Nazis beruht häufig auf ›feindlichen Übernahmen‹ von Begriffen und Zeichen, die gewöhnlich in ganz anderem oder gar entgegengesetztem Sinne und in anderen Kontexten verwendet werden. Dass Alice Weidel und Co. sich »Demokraten« nennen, gehört zu den plumperen Varianten, die aber manch ahnungslosen Bürger beruhigen mögen. Besonders auffällig und in jüngerer Zeit oft gesehen: Rechtsextremisten bezeichnen sich gern als »Antifaschisten« und hoffen damit offenbar, ahnungslose Jugendliche aufs Glatteis zu locken und/oder die linke Antifa von rechts aufzurollen. Manche Rechtsradikale tragen Che Guevara-Shirts wie einst die linke Studentenbewegung.

Die Liste ließe sich fortsetzen. Die rechtsradikale Mimikry kennt keine Grenzen, um sich beim Wahlvolk anzubiedern. Nach Bastian Drumms Vortrag waren etwa 40-50 Leute darüber deutlich genauer im Bilde als vorher. Ihm gilt unser herzlichster Dank!

Anmerkung: Vgl. dazu auch die Informationen über rechte Mode- und Musiklabel und über ihre Geschäftsführer im Lexikon der Belltower-News., z.B. zu den Modemarken Thor Steinar, Ansgar Aryan, Consdaple oder zur rechten Musikszene. Zahlreiche Infos auch auf Wikipedia.
